V e r s c h i e d e n e :
Mecklars Beziehungen zu den Brüdern Grimm
Rudolf G r i m m :
[Die Besuche der Brüder Grimm in Mecklar] [1966]
"Die Schiffsverbindung [von Hersfeld nach Kassel] spielte eine
Rolle bei einem illustren Besuch, den Mecklar zu Zeiten seines
von 1791 bis 1822 amtierenden Pfarrers Karl Heinrich Koppen erhielt.
Dieser Sohn eines in Großalmerode verstorbenen Pfarrers hatte
dort wahrscheinlich im Jahre 1800 Wilhelm Grimm konfirmiert und
wurde von Mutter Dorothea Grimm "Vetter" genannt.
Als Amtmann Philipp Wilhelm Grimm zu Steinau im Jahre 1796 gestorben
war, ließ Dorotheas Schwester, erste Kammerfrau der Landgräfin
bzw. Kurfürstin von Hessen, ihre Neffen Jacob und Wilhelm nach
Kassel kommen, und diese holten dann ihre Mutter nach. Aus den
Lebenserinnerungen des Malers und Radierers Emil Ludwigs Grimm
erfahren wir hierzu:
"Am 8. August 1805 ist die Mutter dann mit Lotte von Steinau nach
Cassel verzogen. Noch von Mecklar aus, wo sie wohl beim Pfarrer
Koppen, einem Vetter, verweilten, hat sie an Wilhelm geschrieben
und ist dann von Hersfeld aus mit dem Marktschiff auf der damals
kahnbar gehaltenen Fulda zur größten Freude aller ihrer Kinder
in Cassel angelangt."
Wilhelm, Jacob und Emil Ludwig Grimm besuchten ebenfalls den Onkel
in Mecklar; Wilhelm feierte dort im Jahre 1810 die Kirmes mit."
Wilhelm S c h o o f :
"Hersfelder Beziehungen der Brüder Grimm" - Ausschnitte [1930]
"Wilhelm Grimm war im September 1810 einige Wochen in Marburg
gewesen, um im besonderen bei der Marburger Märchenfrau, einer
alten Frau im dortigen Elisabeth-Hospital, Märchen zu sammeln.
Von da aus wollte er nach Hersfeld und Fulda, um dort alte Handschriften
oder Märchen aufzutreiben.
In Marburg hatte er sich Empfehlungen an Professor Petri am Gymnasium
in Hersfeld und an Referendar Köhler, Sohn des Finanzrats Köhler
in Hersfeld, geben lassen und hoffte durch Rektor Faber in der
Bibliothek des Hersfelder Gymnasiums alte Handschriften zu finden.
Außerdem wohnten damals Verwandte der Familie Grimm in Hersfeld,
der Tribunalrichter Konrad Gießler und der Oberappelationsgerichtsrat
Burchardi. Eine jüngere Schwester der Großmutter der Brüder Grimm,
Charlotte Wilhelmine Heilmann, war die zweite Frau des Hersfelder
Stiftspredigers und Metropolitans Philipp Georg Münscher. Dessen
Tochter Marie Amalie Münscher war mit dem Tribunalrichter Gießler
verheiratet. Eine [andere] Tochter war die Frau des Oberappelationsgerichtsrates
Burchardi in Hersfeld.
In dem Burchardischen Hause verkehrte auch Ludwig Grimm, der Bruder
von Jakob und Wilhelm Grimm, der Maler und später Professor an
der Kasseler Kunstakademie war. Er zeichnete im Juli 1815, als
er auf der Reise nach Steinau und Frankfurt in Hersfeld zu Besuch
weilte, eine von den sieben Töchtern der Familie, Amalie Burchardi,
die später den Kanzleirat Keßler in Kassel heiratete.
[Aufgrund postalischer Verzögerungen hatte Wilhelm Grimm sich]
... wohl nicht mehr rechtzeitig in Hersfeld anmelden können, denn
er traf Burchardi [zunächst] nicht an ... [und fuhr deshalb zunächst
von Hersfeld nach Fulda].
Auf der Rückreise von Fulda ist Wilhelm Grimm dann noch einmal
eine Woche in Hersfeld gewesen. Die Preußische Staatsbibliothek
in Berlin bewahrt einen bisher ungedruckten Brief auf, den er
im Oktober 1810 an seine Tante Henriette Zimmer in Gotha gerichtet
hat, und welcher lautet:
"Auf der Rückreise von Fuld hielt ich mich in Hersfeld acht Tage
auf. Ich hatte eine äußerst freundschaftliche Einladung von Burchardi
erhalten, die ich unmöglich abschlagen konnte. Ich habe also acht
Tage bei ihm logirt, wo er mir viel Freundschaft erzeigt hat,
ebenso Gieslers. Es sind äußerst brave Leute von guter alter Art.
Die eine Tochter Caroline schien mir eine Braut zu seyn, mit dem
dortigen Doctor Wendelstädt, einem hübschen jungen Manne: es ist
ein gutes Mädchen und (ich) wünsche, daß es ihr wohl geht. Die
jüngste Tochter ist in Minden bei der Baumbachin, der es aber
dort gar nicht gefällt, und die sich wegwünscht. Mit Gieslers
war ich auch zu Mecklar beim Vetter Koppen zur Kirmeß. Er hat
mich sehr freundschaftlich empfangen und recht oft von Ihnen gesprochen
..."
Noch andere verwandschaftliche Beziehungen verknüpften die Brüder
Grimm mit der Familie Münscher in Hersfeld und Koppen in Mecklar.
Pfarrer Karl Heinrich Koppen war am 15. April 1752 in Hartmutsachsen
geboren und starb in Mecklar, fast 70jährig, nachdem er 31 Jahre
lang dort als Pfarrer gestanden hatte. Er war mit Amalie Elisabeth
Münscher, der Tochter des Hersfelder Stiftspredigers und Metropolitans
Philipp Georg Münscher ... vermählt.
Die Familie Münscher läßt sich bis in das Jahr 1371 in Hersfeld
zurückverfolgen. Ein Bruder der Mecklarer Pfarrersfrau Amalie
Elisabeth Koppen geb. Münscher war der Konsistorialrat und Professor
der Theologie Wilhelm Münscher in Marburg und der Vater der drei
Brüder Karl, Wilhelm und Friedrich Münscher. Von diesen war der
erste Oberappelationsgerichtsrat in Kassel, der zweite Gymnasialdirektor
in Hersfeld ..., der dritte Gymnasialdirektor in Marburg. Der
letzte ist der Verfasser der bekannten Geschichte von Hessen (1894).
..."
Quellen: Grimm, Rudolf: Fluß und Schiffahrt, in: Batz, Wilhelm
u.a. (Hg.): Mecklar - das hessische Heimatdorf, Kassel 1966, S.
19 f.; Schoof, Wilhelm: Hersfelder Beziehungen der Brüder Grimm,
in: Mein Heimatland - Zeitschrift für Geschichte, Volks- und Heimatkunde
(Monatliche Beilage zur Hersfelder Zeitung), Band 9 (1930), S.
138 ff. .
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