N . N . :
"200 Jahrfeier der Kirche in Mecklar - Die anstelle der abgelieferten
gestiftete Gebetsglocke erhielt ihre Weihe" [1932]
"Daß unsere Vorfahren vor 200 Jahren ihrem neuerbauten Mecklarer
Gotteshaus die Inschrift über seine Pforte gaben: "Gehet zu seinen
Toren ein mit Danken, zu seinen Vorhöfen mit Loben, danket ihm,
lobet seinen Namen!" hatte seine gute Bewandtnis. Unter den denkbar
schwierigsten Verhältnissen war der Bau ausgeführt worden. Es
war kein Geld im Land, aber die Männer hatten Hände zur Arbeit
und ein Herz fürs Evangelium. Sie haben sich's um die Stätte ihrer
Anbetung wirklich sauer werden lassen. Sie holten mit Hand- und
Spanndienst das Steinmaterial aus den weitentfernten Steinbrüchen,
und aus den Wäldern ringsum haben sie zum Gebälk die mächtigen
Eichenstämme gefällt und heimgefahren. Ohne fremde Beihilfe haben
die geringbemittelten schlichten Dorfbewohner ihr Gotteshaus gebaut.
Wie schwer die finanzielle Belastung war, hat sich mündlich fortgepflanzt:
Besonders die Kosten für die hohen Kirchenfenster hätten den Bewohnern
viel zu schaffen gemacht. Als aber der Bau schließlich fertig
war,
da jubelte ihr Herz,
da hatten sie nur noch den einen Wunsch, daß nun auch alle ihre
Mühe gelohnt und das Haus allezeit mit einer feiernden Gemeinde
gefüllt werde, die heilige Hände aufhebt und heilsbegierige Herzen
mitbringt. "Gehet zu seinen Toren ein mit Danken!"
Daß die Liebe zum Gotteshaus auch heute noch nicht erloschen ist,
zeigte die überaus rege Beteiligung bei dem Weihegottesdienst,
zu dem auch der Landespfarrer D . F u c h s aus Kassel als Festprediger
erschienen war. Seine Worte über 2. Kor. 3, 9 fielen auf fruchtbaren
Boden, wie die Feier überhaupt einen schönen Verlauf nahm. Sie
fand in den Vorträgen des Gesangvereins und gemischten Chors unter
Leitung von Lehrer N ö l k e r , des Unterhauner Posaunenchors,
den Lehrer W e i d t dirigierte, und dem Sologesang von Fräulein
B e i s h e i m aus Kassel einen würdigen Rahmen.
Gespannt lauschte man den historischen Ausführungen des Ortspfarrers
Sinning. Mecklar und seine Kirche hat eine reiche Vergangenheit.
Der Ort wird
zum ersten Mal in einer Urkunde
von 1252 erwähnt.
Der Schloßhauptmann H e l f r i c h auf dem Hausberg bei Rotenburg
(der "Alte Turm" daselbst zeigt heute noch die kümmerlichen Reste
der Burg) schenkte aus Mecklar eine Hufe Land an das Nonnenkloster
in Blankenheim, das ohnedies schon größere Ländereien in Mecklar
besaß, worauf Flurnamen noch hindeuten. Besitzer von Grund und
Boden von Mecklar war im Mittelalter das Stift Hersfeld. Das Pfarrbesatzungsrecht
behielt es bis ins 17. Jahrhundert. Darum sehen wir an der Kirche
das Hersfelder Doppelkreuz. Noch im 15. Jahhundert mußten die
späteren Besitzer, die hessischen Landgrafen, um Mecklar und andere
Ortsvogteien gegenüber dem Stift hart kämpfen. Landgraf Ludwig
I. legte deshalb 1416 eine Burg an, die L u d w i g s a u . Die
Burg ist verschwunden, an ihren Namen erinnert nur noch die Ludwigsaumühle!
Die Kirche von Mecklar hat im Mittelalter große Bedeutung gehabt.
Der aus der früheren Kirche nebst dem Sakramentshäuschen mitherübergenommene
Altar zeigt
das Bildnis Johannes des
Täufers,
der ihr Schutzpatron war. Sie war also eine alte Taufkirche. Gewaltige
Stürme sind über den Ort hinweggebraust. Zweimal wurde er eingeäschert,
1469 und 1637 (Dreißigjähriger Krieg), wo auch die erst 1610 völlig
erneuerte Kirche zerstört wurde. Man geht wohl in der Annahme
nicht fehl, daß die Kroaten, die damals ihr Feldlager in dem nahen
Meckbach hatten, das Zerstörungswerk vollbracht haben. Das Pfarramt
war seit 1637 12 Jahre verwaist. Die Kirche hat man nach dem Dreißigjährigen
Krieg wieder notdürftig instandgesetzt, aber sie blieb eine Ruine,
an der man kein Gefallen haben konnte. Erst 1732 wurde die neue
Kirche gebaut, auf altehrwürdigem, gottgeweihten Boden, wo vor
etwa 1000 Jahren die erste gestanden hatte.
Erfreulich ist, daß die Liste der Pfarrer, die seit der Reformation
an unserer Kirche gestanden haben, vollständig ist; sogar ein
vorreformatorischer ist noch mit Namen bekannt: Hermannus de Mecklar
(1254). Mehrere Pfarrer stammen aus Hersfeld, andere tragen die
in hiesiger Gegend noch heute
vorkommenden Namen:
Wolf, Pforr, Meckbach (zweimal). Interessant ist, daß zu dem Pfarrer
Karl Heinrich Koppen (1791 bis 1822) die Brüder Grimm, die bekannten
Sammler der hessischen Volksmärchen, in verwandtschaftlicher Beziehung
standen. Der Märchendichter Wilhelm Grimm feierte sogar 1810 in
Mecklar die Kirmeß mit. Besondere Willensstärke rühmt man dem
Pfarrer Karl Christian Raßmann (1849 bis 1861) nach, der als Achtundsechzigjähriger
das Amt in Mecklar erst antrat und noch 12 Jahre versah. Inbezug
auf ihn geht noch heute im Hessenlande das geflügelte Wort um:
"Ich mach's wie der Pfarrer Raßmann", d. h. "ich mach's, wie ich
will".
Ihre Stimmen sind längst verklungen, aber zwei alte Freunde der
Gemeinde, die durch fast fünf Jahrhunderte laut und ernst zum
Gottesdienst gerufen haben, sind noch nicht verstummt,
die Glocken,
von denen die älteste aus dem Jahre 1465 stammt, auch die zweite
ist aus dem 15. Jahrhundert. Von jeher besaß aber unsere Kirche
drei Glocken. Die größte wurde in den schlechten Zeiten des Dreißigjährigen
Krieges nach Allendorf an der Werra verkauft. Später hat man den
beiden verbliebenen wieder die dritte Glocke zugesellt. 1917 wurde
diese dem Weltkrieg zum Opfer gebracht. Die Zweijahrhundertfeier
gab Veranlassung, der Kirche zu ihrem Geburtstag wieder die sogenannte
Gebetsglocke zu stiften. 1640 wurde in schwerer Zeit eine Glocke
verkauft, wir aber haben trotz wirtschaftlicher Not eine neue
Glocke angeschafft. Ja, wir haben unser Gotteshaus noch lieb und
wollen uns diese Liebe auch in den kommenden Zeiten durch niemand
und nichts rauben lassen."
Quelle: N.N., Zeitungsbericht aus dem Jahre 1932, abgedruckt in:
Kirchenvorstand der evangelisch-reformierten Kirchengemeinde Mecklar
(Hg.): Festschrift zur 250-Jahrfeier der Kirche in Mecklar, Mecklar
1982, S. 26 f.
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